Der Site-Manager – was und wozu?

Er wisse nicht, was ein Site-Manager sei und als Bischof müsse er das auch nicht wissen. Mit diesen Worten eröffnete Bischof Markus Büchel als Hausherr das mit über dreissig Teilnehmenden gutbesuchte Treffen der Verantwortlichen der Welterbestätten in der Schweiz vom 13. September 2017 in St. Gallen.

Zur Welterbe-Plattform mit Thema „Rolle der Site Manager“ luden diesmal neben der Schweizerischen UNESCO-Kommission auch das Bundesamt für Kultur BAK und das Bundesamt für Umwelt BAFU ein.

Ich erinnere mich gut an eines der ersten Treffen dieser Art 2004 in Luzern, wo – auf Verlangen des Welterbe-Zentrums in Paris – erstmals eine Liste der „Site-manager“ erstellt werden sollte – und zwar pro Stätte bloss eine Person. Das Welterbe-Zentrum wollte jene Person genannt haben, „die für Anfragen jeglicher Art über das Welterbe zuständig und vorzugsweise direkt mit der Stätte verbunden ist“. Wer konnte diese Vorgaben überhaupt erfüllen? Die Diskussion war heftig. Was sei nun gemeint: offiziell-politische oder fachlich-operationelle Verantwortlichkeit? Die Denkmalpflegerin oder der Tourismusdirektor?

Die Inputreferate der Tagung 2017 machten deutlich: Mittlerweile gibt’s den Sitemanager. Es gibt sogar auch schon Handbücher zum Thema. Die Welterbestätten in der Schweiz haben die für sie zuständigen Ansprechpersonen designiert. Aber schon die stellvertretend für alle 12 Stätten zu Wort kommenden Marco Molinari (Tre Castelli di Bellinzona), Harry Keel (Schweizer Tektonikarena Sardona) und Andreas Bass (Rhätische Bahn in der Landschaft Albula/Bernina) zeigten auf, wie unterschiedlich Site-Manager eingebunden sind. Das entspricht durchaus unserem föderalistischen System. Und doch: in den folgenden Workshops wurde deutlich, dass Sitemanager verschiedene Qualitäten und Fähigkeiten aufweisen müssten. Neben ihrer Rolle als Ansprechpartner in „Paris“ sind sie nämlich Koordinatoren, für alle Aktivitäten rund ums Welterbe; sie sind Mediatoren, die den Playern vor Ort die Balance zwischen Schutz und Nutzen nahelegen; sie sind Sensibilisatoren, die verschiedenste Interessenvertreter zum Zusammenwirken bringen; sie sind Vermittler zur Forschung und Bildung; sie sind Fazilitatoren und Promotoren, die den Betrieb rund ums Welterbe in Gang halten. Weil Welterbe international ist, sollten sie zudem Sprachgenies sein. Und, und, und… die Wunschliste liesse sich erweitern.

Um Halt und Orientierung in dieser grossen „Wolke“ zu finden, kam die Mehrheit der Teilnehmenden der Plattform zum Schluss, Richtlinien – z. B. ein Musterpflichtenheft, nicht als Vorschrift, sondern mehr als Checkliste – sei durchaus erwünscht. Ebenso ein regelmässiger Austausch. Von einer einheitlichen detaillierten Beschreibung von Prozessen jedoch wollen alle Abstand nehmen. Zu unterschiedlich sind die Welterbestätten.

Daniel Gutscher, Mitglied der Schweizerischen UNESCO-Kommission