Archiv des Völkerbundes
Auf Antrag des Genfer Büros der Vereinten Nationen 2009 in das Weltdokumentenerbe-Register aufgenommen
Die Bibliothek der Vereinten Nationen in Genf ist zuständig für die Erhaltung und Bekanntmachung des einzigartigen Dokumentenerbes, das der Völkerbund 1946 den Vereinten Nationen vermacht hat. Ihr obliegt auch die Pflege des institutionellen Gedächtnisses des Genfer Büros der Vereinten Nationen.
Der Völkerbund wurde 1919 nach den Tragödien und Leiden des Ersten Weltkriegs gegründet. Sein aussergewöhnliches Archiv, das 2009 in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde, zeugt vom Willen der Mitgliedstaaten, die erste zwischenstaatliche Organisation für Frieden und Zusammenarbeit zu schaffen. Sie sollte die internationalen Beziehungen durch die Institutionalisierung des Multilateralismus grundlegend verändern.
Mit insgesamt 2199 Laufmetern umfasst das Archiv die Bestände des Völkerbundssekretariats (1440 Laufmeter) und der Mixed Refugee Archive Group, auch bekannt als «Nansen-Fonds» (85 Laufmeter), die externen Archivfonds des Völkerbundes (650 Laufmeter) sowie Übereinkommen, Ratifikationen und andere diplomatische Instrumente (24 Laufmeter).
Inhaltlich deckt das Archiv die Themen ab, die den Aufgaben und Aktivitäten des Völkerbundes von 1919 bis 1946 entsprechen, darunter:
- Kollektive Sicherheit
- Friedliche Streitbeilegung durch Schlichtung, Schiedsverfahren, Gerichtsverfahren
- Abrüstung
- Minderheiten
- Mandate
- Projekt einer europäischen Union
- Flüchtlinge
- Gesundheit
- Soziale Fragen, darunter die Bekämpfung von Sklaverei, Drogen, Frauen- und Kinderhandel
- Intellektuelle Zusammenarbeit
- Weltwirtschaft und Welthandel, namentlich finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten
- Kommunikation und Transit
Das Archiv ist im Lesesaal der Bibliothek der Vereinten Nationen in Genf einsehbar. Die 2018 begonnene Digitalisierung wird ab 2022 auch den Online-Zugriff auf das gesamte Völkerbundarchiv erlauben. Dieses aussergewöhnliche Projekt wird das geschichtliche Wissen über den Multilateralismus der Zwischenkriegszeit erheblich erweitern.
Zitat: «In der Erwägung, dass es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit wesentlich ist, bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen, nicht zum Kriege zu schreiten; in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhalten; die Vorschriften des internationalen Rechtes, die fürderhin als Richtschnur für das tatsächliche Verhalten der Regierungen anerkannt sind, genau zu beobachten, die Gerechtigkeit herrschen zu lassen und alle Vertragsverpflichtungen in den gegenseitigen Beziehungen der organisierten Völker peinlich zu achten, nehmen die Hohen vertragschliessenden Teile die gegenwärtige Satzung, die den Völkerbund errichtet, an. (Präambel der Völkerbundssatzung, 1919)